Erster Platz der Kinderrechte in ganz Franken, in Gochsheim –
- Alle Kinder haben die gleichen Rechte. Kein Kind darf benachteiligt werden.
- Kinder haben das Recht, gesund zu leben, Geborgenheit zu finden und keine Not zu leiden.
- Kinder haben das Recht, bei ihren Eltern zu leben. Leben die Eltern nicht zusammen, haben Kinder das Recht, beide Eltern regelmäßig zu treffen.
- Kinder haben das Recht, zu spielen, sich zu erholen und künstlerisch tätig zu sein.
- Kinder haben das Recht, zu lernen und eine Ausbildung zu machen, die ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten entspricht.
- Kinder haben das Recht, bei allen Fragen, die sie betreffen, sich zu informieren, mitzubestimmen und zu sagen, was sie denken.
- Kinder haben das Recht, dass ihr Privatleben und ihre Würde geachtet werden.
- Kinder haben das Recht auf Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung.
- Kinder haben das Recht, im Krieg und auf der Flucht besonders geschützt zu werden.
- Behinderte Kinder haben das Recht auf besondere Fürsorge und Förderung, damit sie aktiv am Leben teilnehmen können.
(Quelle:Website Kinderschutzbund)
Graffitiwand und Stele machen in Gochsheim auf die Kinderrechte aufmerksam
Gochsheim (pvo) Kinder und Jugendliche sind Menschen. Folglich haben sie dieselben Grundrechte wie Erwachsene, aber die Einhaltung dieser Persönlichkeitsrechte werden oft nicht beachtet. In Unterfranken wurden 2023 fast 650 Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung durchgeführt. Darauf machten auch die Sprecherinnen und Sprecher bei der offiziellen Freigabe des Platzes der Kinderrechte in Gochsheim aufmerksam, dem dritten Platz mit dieser Widmung in Bayern und dem ersten in Unterfranken.
Die Kreisvorsitzende des Kinderschutzbundes in Schweinfurt, Daniela Schönig durfte zunächst die zahlreich erschienenen Gäste begrüßen. Danach würdigte sie die Bedeutung des neuen Platzes und brachte ihre Freude über die Unterstützung durch die Gemeinde Gochsheim, den Landkreis Schweinfurt, das Regionalbudget des Schweinfurter Mainbogens, den Graffitikünstler Christian Böhmer, mitwirkende Kinder und andere Unterstützer zum Ausdruck.
Als Projektkoordinatorin rief Yvonne Bauer den Werdegang des Gochsheimer Projektes in Erinnerung. Danach thematisierte sie die Kinderrechte.
Kinderrechte ohne rechtliche Verankerung
Das Recht auf Bildung: Dieses Recht wird von Ungerechtigkeit geprägt. Denn allzu oft entscheidet nicht Klugheit über den Bildungsweg von Kindern, sondern der Kontostand der Eltern. Herkunft macht Zukunft. Das hat insbesondere die Pandemie offengelegt – Homeschooling durch Alleinerziehende, ohne breitbandiges W-LAN, ohne Drucker, auf dem alten Smartphone der Eltern – ein fragwürdiges Unterfangen.
Das Recht auf Beteiligung: Man sieht es vielen Spielplätzen an, dass sie von Erwachsenen geplant wurden, und man sieht es den Städten und Gemeinden an, dass Kinder bei der Planung von Rad- und Fußwegen nicht beteiligt wurden.
Das Recht auf Unversehrtheit: Jeden Tag werden 40 Kinder in Deutschland Opfer sexueller Gewalt. Würde darüber berichtet wie über die schlimmen Ereignisse auf dem Campingplatz von Lügde, müssten die Zeitungen dreimal so dick sein, und es gäbe keinen Platz mehr für andere Meldungen.
Yvonne Bauer betonte „in unserer modernen Welt können und müssen wir für Kinder und Jugendliche sorgen, jedenfalls besser als wir es jetzt tun. Alle Erwachsenen haben die Pflicht aufzupassen und dafür zu sorgen, dass die Kinderrechte eingehalten werden.“
Hans-Dieter Bott, im Landesverband des Kinderschutzbundes Bayern als Schatzmeister tätig, stellte die Organisation kurz vor. 1953 in Hamburg gegründet umfasst der Deutsche Kinderschutzbund heute über 400 Ortsverbände, in Bayern 60 Orts- und Kreisverbände. Der Landesverband berät, unterstützt und schult in juristischen und organisatorischen Fragen. Ein Schwerpunkt ist aktuell die Förderung von Medienkompetenz bei 7- bis 11-jährigen, aber auch bei Erzieherinnen und Lehrkräften. Hier lauern große Gefahren. Etwas ironisch merkte Bott an: Tierschutz ist im Grundgesetz verankert, Kinderschutz nicht.
Stolz auf den 1.Platz der Kinderrechte in Unterfranken
Gochsheims Bürgermeister Manuel Kneuer begründete, warum sich die Gemeinde so schnell für den Platz der Kinderrechte und die dazugehörige Graffitiaktion mit dem bundesweit tätigen Künstler Christian Böhmer entschieden habe. Auch der Kinderrat der Gemeinde, von dem vor einer Woche der dritte seit 2020 seine Tätigkeit aufnahm, zeige das Bemühen Gochsheims Kinder und Jugendliche bei Entscheidungsfindungen zu beteiligen und sie aktiv teilnehmen zu lassen. Mit den Jugendbeauftragten Sandra Wenzel und Julia Rübig sei er stolz, den 1. Platz der Kinderrechte in Unterfranken in Gochsheim zu haben.
Die stellvertretende Landrätin Bettina Bärmann stellte Grundrechte als Freiheitsrechte heraus, eine Abwehr gegen staatliche Beschränkungen. Auch deshalb bräuchten die Kinderrechte einen besonderen Schutz und hier nannte sie das Recht auf Spiel und Freizeit, das Recht auf Bildung und das Recht auf Beteiligung und Teilhabe als Beispiele. Sie begrüße den Trialog zwischen Landkreis, Gemeinden und Organisationen und deren Zusammenwirken
Die Kinder des Jugendtreffs und die Verantwortlichen Oliver Dellert, Conny und Janina Will lieferten Musiktitel, die unterhalten, aber auch aufrütteln sollten.
In ihrem Schlusswort rief Yvonne Bauer als Vorstandsmitglied des Bundesverbandes dazu auf, dem Kinderschutzbund beizutreten und ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. Der Kinderschutzbund Schweinfurt existiert seit Februar 2008, organisiert u.a. Familienpatenschaften, Elternkurse und Veranstaltungen mit Kindern.
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Wer hat es geschaffen? Christian Böhmer gestaltete mit Kindern eine Graffitiwand, das Regionalbudget 2024 macht es möglich;
Die Türen des Jugendtreffs stehen offen, Musik dringt nach draußen und hinter dem Jugendtreff tummeln sich Kinder und Erwachsene in der Parkanlage. Was geht ab? Kinderschutzbund Schweinfurt und Jugendtreff Gochsheim haben zum Graffiti Workshop geladen. Eine Wand, fast 20 Meter lang und drei Meter hoch, soll mit Graffiti gestaltet werden. Und kein Geringerer als Christian Böhmer, ein echter Könner seines Fachs, hat sich bereit erklärt, zusammen mit den Kids die Gestaltung zu übernehmen.
Am Vortag hat Böhmer die grundierte und geweißte Wand komplett blau gefärbt. In der Mitte ein Junge mit Megafon, links und rechts davon riesengroß die Worte Kinder Rechte, besser das Wort KINDERRECHTE. Da Graffiti für die meisten Kinder völlig neu ist, gibt Böhmer erst mal einige Tipps und dann dürfen sie auf einer Übungswand sprayen, was das Zeug hält. Das Ergebnis: sehr bunt. Der Profi zieht die Konturen für die Buchstaben, dann füllen sie
das Mädchen und die Jungs mit Farbe. Mittagessen, kurze Verschnaufpause, doch die Kinder brennen. Also geht es weiter. „Ihr fahrt mit dem Zeigefinger die Kontur der Buchstaben nach. Dann nehmt ihr die Sprühdose und der einzige Unterschied: Der Zeigefinger drückt zusätzlich das Ventil.“ So bekommen die Buchstaben ihre Outline, werden also dunkel umrandet.
Jetzt kommt der 3D-Effekt. Böhmer sprüht die Konturen, die Helfer füllen die Flächen mit Farbe. Nacharbeiten kleinerer Schönheitsfehler
und dann kommt (fast) das Wichtigste: Mit weißer Farbe pinseln die Jungs und das Mädchen einige Kinderrechte klein, aber auffällig dazu:
Schutz, Freiheit, Glück, Gesundheit, Gleichheit, Bildung,
Der Nachmittag neigt dem Abend zu und die Luft ist bei den meisten Sprayer-Neulingen ziemlich raus. Aufräumen, Sichten der Restdosen, … gut schaut es aus. Die meisten lassen sich gleich mal vor ihrem Werk fotografieren, obwohl es noch nicht fertig ist. Tags darauf wird Böhmer das zentrale Bild, den Jungen, weitersprayen.
Übergabe des Graffiti und der Platz der Kinderrechte am 18.09.2024, Gefördert aus dem Regionalbudget 2024
Bericht/Fotos von Peter Volz